Brauchtum

DIE GOTTSCHEER MUNDART

SR Karl Schemitsch, Landskron


Tracht

Die Gottscheer Mundart ist rein bajuwarisch. In einer Sprachinsel, umgeben von Slowenen und Kroaten, konnte sie sich in ihrer Eigenheit erhalten und weist auf viele Merkmale hin, die echt der mittelhochdeutschen Sprache nahekommen. So haben wir vor allem im Ober‑ und Unterland und der Unteren Seite noch die Dreiteilung für zwei, wie dies in der mittelhochdeutschen Sprache üblich war: Zbean Mander, tsboa Baibr, zboi Khindr (mittelhochdeutsch: Zweene, zwo, zwei). Die Unterschiede in den drei genannten Talschaften waren verhältnismäßig gering, größer sind die bereits hinter dem Stalzer Berge, also im Hinterlande. Viele Ausdrücke verzeichnen größere Unterschiede, so zum Beispiel für „gewesen" in der Hauptfurche geban, im Hinterlande gemachn. Selbstverständlich hatte jede Talschaft ihre Eigenheiten und nach kürzestem Gespräche erkannte man schon die Herkunft, auch wenn es oft nur einige Kilometer Entferung waren. Den meisten Gottscheern des Unterlandes und der Unteren Seite war allein die Eigenheit einiger Ausdrücke in Unterdeutschau bekannt, die es weder im Raume Mösel noch im Raume Nesseltal gab: 's Auge statt Age, in de Aue statt in de Age oder i baß et statt i boiß et (ich weiß nicht). Ich erwähnte die größeren Unterschiede jenseits des Hornwaldes in Tschermoschnitz und jenseits des Göttenitzer Berglandes im Suchener Hochtale, wo wir von der Mundart „im Grushe" aus Mitter‑ und Obergras, aber auch den drei übrigen Ortschaften dieses: Tales sprechen. Auffallend ist in der Mosche die Verkleinerungsendsilbe auf ‑la, die sonst überall mit ‑le: Piabla Piable ‑ aufscheint (Büblein).

Trotz der völligen Abgeschiedenheit vom deutschen Sprachraum blieb die Gottscheer Mundart mit ganz wenigen Lehn‑ und Fremdwörtern bis in die heutige Zeit erhalten. Es gibt nur ganz wenige Fremdwörter aus dem Slawischen, wobei sie vor allem das Böse herausstellen, als ob der Gottscheer bei der Aussprache des Gefährlichen, des Unangenehmen sich nicht gerne seiner eigenen Sprache bediente. So ist es eigenartig, daß in keinem Landesteile eine Ableitung von Schlange zu finden ist, überall wurde das slowenische Fremdwort „Katsche" verwendet. Auch Ausdrücke für Speisen, die es in der Urheimat nicht gab ‑ den Sterz z.B. ‑ „Gantselain" fanden aus dem Slawischen Einzug in unsere Mundart.

In den letzten zehn Jahren hatte ich Gelegenheit, bei den verschiedenen Mundarttagungen Österreichs Kontakte und Vergleiche zu anderen Mundartschaffenden zu finden, dabei durfte ich aber feststellen, daß die Gottscheer Mundart noch immer die wenigsten Fremd‑ und Lehnwörter aufweist. Nur so ist es zu verstehen, daß viele Sprachforscher und Sprachwissenschaftler unsere Gottscheer Mundart als besonderes Beispiel herausstellen, sie als besonders wertvoll betrachten. Die vielen Sprachinseln in Südtirol und jene in Pladen und Zahre in den Dolomiten haben zwar eine sehr große Ähnlichkeit mit unserer Mundart, ja es gibt sogar sehr viele Gleichlaute, nur sind diese Mundarten mit einem Vielfachen von Fremdwörtern aus dem Italienischen durchsetzt, man muß beinahe die italienische Sprache teilweise verstehen, um sich vergleichend mit gottscheerisch und der Mundart des Zahre bzw. der Sprachinsel Pladen zu verständigen. Die hochdeutsche Sprache ist dort keine Hilfe mehr, da beide Sprachinseln schon seit 1866 bei Italien waren und es dort keine deutsche Schulen mehr gab bzw. gibt.

Ich erwähnte die Verschiedenheit der Gottscheer Mundart in den einzelnen Talschaften. Diese Unterschiede gibt es aber auch in allen anderen Ländern der Welt, wo immer es lebendige Sprachen gibt, nur verschwinden die besonderen Eigenschaften überall stärker und nähern sich einer Umgangssprache. Nicht nur unsere Gottscheer Mundart stirbt aus, auch die Mundarten der einzelnen Talschaften in Kärnten und der Steiermark nähern sich einer größeren Verallgemeinerung. Wieviele deutsche Mundarten nach 1945 durch die Vertreibung aussterben bzw. sich dem Aussterben nähern, durfte ich bei der „Gesamtdeutschen Mundarttagung im Mai 1978 in Salzburg" mit Wehmut erfahren. Wir Gottscheer können da wenigstens noch auf einige schriftliche Aufzeichnungen hinweisen, wobei auch ich mit meinen Büchern einiges beitrug, die herrliche Gottscheer Mundart der Nachwelt in schriftlicher Form zu überliefern.