Die Gottscheer Mundart ist rein
bajuwarisch. In einer Sprachinsel, umgeben von Slowenen und Kroaten, konnte
sie sich in ihrer Eigenheit erhalten und weist auf viele Merkmale hin, die
echt der mittelhochdeutschen Sprache nahekommen. So haben wir vor allem im
Ober‑ und Unterland und der Unteren Seite noch die Dreiteilung für zwei, wie
dies in der mittelhochdeutschen Sprache üblich war: Zbean Mander, tsboa Baibr,
zboi Khindr (mittelhochdeutsch: Zweene, zwo, zwei). Die Unterschiede in den
drei genannten Talschaften waren verhältnismäßig gering, größer sind die
bereits hinter dem Stalzer Berge, also im Hinterlande. Viele Ausdrücke
verzeichnen größere Unterschiede, so zum Beispiel für „gewesen" in der
Hauptfurche geban, im Hinterlande gemachn. Selbstverständlich hatte jede
Talschaft ihre Eigenheiten und nach kürzestem Gespräche erkannte man schon die
Herkunft, auch wenn es oft nur einige Kilometer Entferung waren. Den meisten
Gottscheern des Unterlandes und der Unteren Seite war allein die Eigenheit
einiger Ausdrücke in Unterdeutschau bekannt, die es weder im Raume Mösel noch
im Raume Nesseltal gab: 's Auge statt Age, in de Aue statt in de Age oder i
baß et statt i boiß et (ich weiß nicht). Ich erwähnte die größeren
Unterschiede jenseits des Hornwaldes in Tschermoschnitz und jenseits des
Göttenitzer Berglandes im Suchener Hochtale, wo wir von der Mundart „im Grushe"
aus Mitter‑ und Obergras, aber auch den drei übrigen Ortschaften dieses: Tales
sprechen. Auffallend ist in der Mosche die Verkleinerungsendsilbe auf ‑la, die
sonst überall mit ‑le: Piabla Piable ‑ aufscheint (Büblein).
Trotz der völligen
Abgeschiedenheit vom deutschen Sprachraum blieb die Gottscheer Mundart mit
ganz wenigen Lehn‑ und Fremdwörtern bis in die heutige Zeit erhalten. Es gibt
nur ganz wenige Fremdwörter aus dem Slawischen, wobei sie vor allem das Böse
herausstellen, als ob der Gottscheer bei der Aussprache des Gefährlichen, des
Unangenehmen sich nicht gerne seiner eigenen Sprache bediente. So ist es
eigenartig, daß in keinem Landesteile eine Ableitung von Schlange zu finden
ist, überall wurde das slowenische Fremdwort „Katsche" verwendet. Auch Ausdrücke für
Speisen, die es in der Urheimat nicht gab ‑ den Sterz z.B. ‑ „Gantselain"
fanden aus dem Slawischen Einzug in unsere Mundart.
In den letzten zehn Jahren hatte
ich Gelegenheit, bei den verschiedenen Mundarttagungen Österreichs Kontakte
und Vergleiche zu anderen Mundartschaffenden zu finden, dabei durfte ich aber
feststellen, daß die Gottscheer Mundart noch immer die wenigsten Fremd‑ und
Lehnwörter aufweist. Nur so ist es zu verstehen, daß viele Sprachforscher und
Sprachwissenschaftler unsere Gottscheer Mundart als besonderes Beispiel
herausstellen, sie als besonders wertvoll betrachten. Die vielen Sprachinseln
in Südtirol und jene in Pladen und Zahre in den Dolomiten haben zwar eine sehr
große Ähnlichkeit mit unserer Mundart, ja es gibt sogar sehr viele
Gleichlaute, nur sind diese Mundarten mit einem Vielfachen von Fremdwörtern
aus dem Italienischen durchsetzt, man muß beinahe die italienische Sprache
teilweise verstehen, um sich vergleichend mit gottscheerisch und der Mundart
des Zahre bzw. der Sprachinsel Pladen zu verständigen. Die hochdeutsche
Sprache ist dort keine Hilfe mehr, da beide Sprachinseln schon seit 1866 bei
Italien waren und es dort keine deutsche Schulen mehr gab bzw. gibt.
Ich erwähnte die Verschiedenheit
der Gottscheer Mundart in den einzelnen Talschaften. Diese Unterschiede gibt
es aber auch in allen anderen Ländern der Welt, wo immer es lebendige Sprachen
gibt, nur verschwinden die besonderen Eigenschaften überall stärker und nähern
sich einer Umgangssprache. Nicht nur unsere Gottscheer Mundart stirbt aus,
auch die Mundarten der einzelnen Talschaften in Kärnten und der Steiermark
nähern sich einer größeren Verallgemeinerung. Wieviele deutsche Mundarten nach
1945 durch die Vertreibung aussterben bzw. sich dem Aussterben nähern, durfte
ich bei der „Gesamtdeutschen Mundarttagung im Mai 1978 in Salzburg" mit Wehmut
erfahren. Wir Gottscheer können da wenigstens noch auf einige schriftliche
Aufzeichnungen hinweisen, wobei auch ich mit meinen Büchern einiges beitrug,
die herrliche Gottscheer Mundart der Nachwelt in schriftlicher Form zu
überliefern.
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