GOTTSCHEE Solchen Namen vermeint der Dr. Schönleben herzuleiten von Gott‑Segen, welches Wort die Einwohner in ihrer Sprache etwas härter mit Einschiebung eines Sch aussprechen und Gottschegen für Gott‑Segen sagen. Dabey er ferner berichtet, daß als die Einwohner dieses Landes angefangen, die Wälder umzuhauen, sie zum öffteren Gottschegen! Gottschegen! gesprochen. Wie aber die Krainer solches gehört, hätten sie mit etwas gefälschter Aussprache dieselbe statt Gottschegner genannt Gottschever. Daß dieser Nam aus der Deutschen Sprache bürtig sei, lasse ich gar gerne zu. Wann es aber auf ein Namens Kündigung angesehen seyn sollte, wollte ich lieber sagen, solcher Nam dörffte aus dem Gewässer hergeflossen sein, welches wenns ein wenig regnet, an diesem Ort sich weit ausbreitet und gleich einem See stehet; und wanns hernach wiederum fällt, eine große Menge von Fischen und Krebsen hinterlässt, welche das Wasser allhie häuffig aus der Erden herausführt. Dahero dann dieses Wasser mit gutem Recht eingut See mag genannt werden. Denn gut spricht der Gottscheer aus wie got oder gott, nach Gewohnheit der Nider‑Teutschen, die gleichfalls für gutgotsprechen.WeilsiedannaucheinenSeeScheeheissen: Gewinnt es keine üble Gestalt, daß daher der Nam Gottschee entsprungen und soviel bedeuten könnte als Gut‑See. Nichts desto weniger glaube ich, dieser Nam gebeviel mehreineAnzeigung und Erinnerung ihres Herkommens, nemlich von den alten Gothen, von denen er sonder Zweifel noch ein Überbleibsel ist. In dieser Meynung ich mich solches nicht irren, daß man sagt, die Stadt Gottschee sey zu Caroli, deß Vierdten, Zeit allererst erbauet; wie zwar der Bischof zu Laybach, Thomas Chrön, anno 1509 (soll heißen 1609) im Bischoff Lakischen Archivo gefunden und er auch Selbst mit eigener Hand in seinem Calender die Veranlassung solches Erbaues mit folgenden Zeilen vermeldet: Carolus IV. Imperator, Rex Bohemiae, devictis Franconibus et Thuringis, ad petitionem Friderici, Comitis ab Ortenburg, detit ei trecentos viros cum Conjugibus et liberis, in servitutem, qui silvas ubi nunc Gottsevia est. Qui processu temporis, excisis arboribus, septem Ecclesias, paroch!ales erexerunt. Daß ist: Nachdem Carl der Vierdte, römischer Keyser und König in Böheim, die Francken und Thüringer überwunden, hat er dem Grafen Friedrich von Ortenburg auf dessen Bitte dreyhundert Männer samt ihren Weib und Kindern zur Dienstbarkeit übergeben: Weiche sonst um Aufruhrs und Rebellion willen hetten gestrafft werden sollen (am Leben). Selbige hat Bedachter Graf verschickt in die Wälder, da wo nun Gottschee ist: Welche mit der Zeit die Bäume weggehauen und sieben Pfarrkirchen aufgerichtet. Ob aber obgedachter Bischoff aus einer authentischen Schrifft solches aufgezeichnet oder nicht, kann ich nicht wissen. (Valvasor setzt in Anmerkung unter dem Strich folgendes bei: Ich (E. Fr.) zweifle gar sehr darn. Denn man wird schwerlich bei einem rechten Historico finden, daß Carolus IV. wider die Francken und Thüringer jemals ein Pferd satteln lassen, geschweige dann dieselbe überwunden haben. Graf Günthern von Schwartzburg, der wider ihm zum Keyser nicht von den Thüringern, sondern durch die meiste Stimmen der Chur‑Fürsten und allgemeinen ReichsSchluß erwählt war, hat er mit dem güldenem Schwert geschlagen und abgekaufft: Weil er kein Treffen mit ihm wagen wollen als einem sehr tapfferen Herrn.) Der Dr. Schönleben läßt sich in einem Manuscript zwar bey gleicher Meynung antreffen, daß die Stadt Gottschee allererst zu Caroli IV. Zeiten entstanden, weil sie von selbigem Keyser ein Diploma und Stadt‑Freyheiten aufzuweisen haben soll; welche er aber, der Schönleben, nicht gesehn, sondern allein von einer gewissen Person, die zu Gottschee etliche Jahre Stadt‑Richter gewest, vernommen. Aber zu geschweigen, daß hierinn bloß allein auf eines Manns Rede, welcher der Stadt Ehr und Ruhm zu suchen sich verbunden achtet, nicht sicher genug zu gehen, so giebt mir ein solches Diploma, ob schon würcklich eines vorhanden seyn mögte (wie ich dann solches hiemit auch nicht eben widersprechen will) doch annoch nicht Beweises genug, daß die Gottscheer zu der Zeit allererst hierher gekommen oder von der Zeit an den Namen Gottscheer allererst empfangen hatten; denn sie können nichts destoweniger etliche hundert Jahre früher schon an diesem Ort seßhaft gewesen seyn, ehe denn sie eine mit Keyserlichen Privilegien begnadete Stadt bewohnt haben. Es vermeynt auch besagter Schönleben, daß die, so dahin versetzt worden, keine Francken, sondern Schwaben gewest und also Lazius gefehlt habe, indem er vorgegeben, diese Leute wären noch von der Zeit der Gothen her allda über blieben. Es setzt aber keinen anderen Beweis dazu, als allein die vermeynte Unmöglichkeit, daß von so viel hundert Jahren her ein Restlein selbiger Gothen in dieser Graffschaft noch sollte vorhanden seyn. Wie solches diese seine Lateinischen Worte geben: Quod in hoc solo angulo lingua, caeteris vicinis partibus undique non semel, sed saepius variantibus inquillions etc. Aber so man sich in den Geschichten umschauen wollte, würde sich solche Möglichkeit durch mehr als ein Exempel leicht darthun lassen. Findt man doch in Siebenbürgern die Teutschen Städte, deren Einwohner von ihren Vorfahren, das ist von viel hundert Jahren hero noch die Teutsche Sprache behalten; da hingegen ihre Nachbarn solche längst verlohren und entweder Ungarisch oder Walachisch reden. Warum sollte dann dem Latio nicht zu glauben seyn, daß auch hier die Gottscheer noch ein Rest von der alten Gothen Nachkommenschafft seyen? Daß diesen Leuten ihrer alten Vorfahren Sprache bißhvro noch verblieben sey, ist gewiß und hieraus erkenntlich, daß man in rechter Wahrheit (selbst) alte siebentzig‑ und achtzigjährige Gottscheer antrifft, welche ihnen („sich") in Crainerischer Sprache das Brot nicht erbitten, noch in anderer als ihrer angeborenen Alt‑Teutschen MutterSprache einiges Wort reden können. Welche aber mit ihrer Arbeit im Lande Crain herum gehen, die können auch Crainerisch; doch dabei ihre Teutsche Sprache ganz fertig und perfect und reden nicht halb Teutsch, halb Crainerisch durcheinander. („Wie es in andern Teilen Krains der Fall war"). Überdas ist ihre Sprache recht altväterisch und grobTeutsch und begreifft gar alte Teutsche Worte. Als zum Exempel einen Wolff nennet der Gottscheer Holtzgangel, weil nemlich der Wolff ins Holtz gehet; den Fuchs einen Schleicher, weil er den Hünern nachschleicht; einen Hasen den Springerle, weil er springt; das Eychhorn den Schertzer, weil das Eychhörnlein auf den Bäumen herum hupfft, spielet und gleichsam schertzet oder gaukelt. Die Sporen werden bey ihnen Jageysen genannt, weil die Sporen das Pferd aufstechen, zum Lauffen antreiben und gleichsam fortjagen. Die Gottscheer verstehen einen Jedweden, der Teutsch redet, in einer jedweden Teutschen Sprache: Hingegen werden sie von andren Teutschen nicht wol verstanden, zumal wenn sie geschwinde reden. Aberdie Crainerische und Crabatische Sprache ist ihrer wenigen recht bekannt. Es giebt alte Männer und Weiber unter ihnen, die in Crainerisch und Crabatischer Sprache weder Wasser noch Wein, geschweige etwas Anderes fordern können. Daher sie selbst auch die Graffschaft Gottschee nur das Land nennen, gleich als ob es wegen Unterscheides der Sprache oder deß Volcks ein andres besonderes Land wäre: Da es doch zu Crain gehört. Diesem nach will meines Bedunckens der Nam Gottschee soviel sagen als Gothische. Die Merianische Topographia scheinet dieser meiner Meynung nicht allerdings abgeneigt zu seyn; wann sie bey Beschreibung der Stadt Gottschee von dem Ursprunge der Gottscheer diese Reden theils aus dem Latio, theil aus dem Jordande und Johanne Micraelio führet: („Er führt nun Megister an. S. diesen!") Was aber sonst vorher diese Topographie schreibt, nemlich daß in dem Ländchen Gottschee fünff fürnehme Pfarren nebst zwey Städtlein liegen, darinn hat es ihr an genugsamen Unterricht gemangelt: Angemerckt in dieser Graffschafft nicht nur fünff, sondern sieben Pfarrkirchen zu finden: Als in der Stadt Gottschee, zu Nesselthai, Rieg, Mösel, Tschermoschnitz, Ossiuniz und Alten‑Laag. Die Stadt ist zwar nicht übrig groß; hingegen aber hat das Schloß oder die Burg, so allererst vor wenig Jahren vor dem Fürsten von Auersperg, Herrn Johann Weichart hochseligen Andenckens, gebaut worden, eine gewaltige Grösse. Die Stadt ist viereckigt gebaut, auch mit starken Mauren eingefaßt und hat an jedwedem Eck einen starcken Thurn, dazu einen Wassergraben, welcher um und um geführt worden: Daraus leichtlich abzunehmen, daß sie nicht nötig hat, einem feindlichen Anspruch mit Öffnung der Thore gleich zu willfahren, noch für einem oder anderem Regiment, wann sie mit genugsamer Mannschafft versehn ist, zu erschrecken und die Hand zu geben. So erscheint auch nicht nur aus der Ordnung der Gebäu und des Ortes Gelegenheit und Situation, daß diese Stadt eben so wol von alten Zeiten müsse fest gewesen seien: Sondern sie hat auch in den Geschichts‑Büchern das Gezeugniß davon. Wie sie dann unter Andren der Verfasser des österreichischen Ehren‑Spiegels unter den festen Häusern mit benennet, die der Türck bey seinem ersten Einfall in die Asche gelegt. Vor der Stadt ist ein schöner großer Getreid‑Kasten oder Kornbodem („heute Spinnereifabrik!") welcher teils die Güt des Ackers heils der Leute Fleiß und Schweiß anfüllet. Denn die Einwohner dieser Stadt und Graffschafft seynd von Natur arbeitsam und greifen sich desto mehr an, weil sie nur eine Ansaat des Jahres haben, (will sagen, nur einmal im Jahr das Feld besäen.) In dem Gebirge bey Alten‑Laag hat man vor wenig Jahren auch angefangen, den Weinstock zu setzen. Sonst behelffen sich die meisten mit Spinnen und Holzhacken. Die Vermöglichen handlen mit Leinwand nach Fiume, Lourana und nach andren Orten selbiges Strichs. Obangezogene Merianische Topographia nennet diese Graffschafft ein Lehn vom Patriarchat Aglar; dazu aber der Author hette setzen sollen gewest. Denn nunmehr ist der Patriarch schon lange nicht mehr Lehn‑Herr darüber. Von Alters hatte Graf Friedrich von Ortenburg diese Stadt und Herrschaft Gottschee von besagten Patriarschen zu Lehn empfangen: Nach Absterbung aber der Grafen von Ortenburg selbiger Lini seynd die Grafen von Cilly im Jahr 1420 dieser Landschaft und Stadt Besitzer worden. Nachdem der Gräffliche Stamm des Hauses von Cilly gantz ausgelescht, fiel es dem Hause Österreich heim und ist also eine lange Zeit Landfürstlich geblieben, auch deswegen anjetzo noch ein Pfandschilling. Nach demselben aber haben die Herren Ursini, Grafen von Blagay diesen Ort Pfand‑weise innegehabt. Massen hiervon diese im Schranen‑Protocoll 1600. Jahr befindliche Worte: Herr Niclas Ursin, Graf von Blagay, Pfand Herr der Herrschaft Gottschee. Gleichwie auch der Doctor Schönleben solches in diesen Zeilen bescheinigt: Franciscus II. Ursinus, Comes de Blagay, ex Sclavonia, Turcarum vi, pulsus cum Patre, consedit in Carniola, anno 1547, possedit Comitatum (Graffschaft) Gottscheviae etc. Folgends ist diese Herrschaft an die Grafen Khysel gekommen. Als im Jahre 1623 Herr Hanns Jakob Khysel von Keyserlicher Majestet in den Grafenstand erhoben und ihm das Praedicat Graf von Gottschee verliehen worden, da hat die Stadt und Herrschaft Gottschee allererst den Titel einer Graffschafft bekommen; und zwar aus der Ursach, weil die umliegenden Güter Reiffnitz und Pöllan der Herrschaft Gottschee incorporirt und aus allen dreyen eine Graffschafft, auch der Graf Khysel samt seinen Erben darauf gegrafet worden. Ob auch gleich nach gehend Gottschee und Pöllan auff die Grafen von Auersperg, Reiffnitz aber auff diejenige Graffen von Teilleck gelangt, so bleibt dennoch gleichwol das Fürst‑ und Gräffiche Haus von Auersperg aus sonderbarem (besonderen) Keyserlichen Privilegio mit aller Nachkömmlingschaft auf Gottschee gegrafet; einfolglich auch die vorhin geweste Grafschaft, weil dieselbe durch Herrn Johann Weichard Fürsten von Auersperg, Christmilder Gedächtnis, samt allen andren seinem eigenthumiichen Graf ‑ und Herrschaften zum Fidei Commis gewacht ist. Es hat aber Herr Wolff Engelbrecht, Graf von Auersperg und Lands‑Hauptmann in Crain, von dem Herrn Grafen Khysel diese Grafschaft an sich zu seinem Eigentum erkauft. Die Stadt Gottschee blieb aber dennoch alleweil Landesfürstlich, bis sie endlich von jetzo herrschender Römisch‑Keyserlicher Majestät Leopold dem Ersten mehrer melden Herr Wolff Engelbrecht, Grafen von Auersperg, Lands‑Hauptmann und vieljährigem Lands Präsidenten um seiner guten Verdienste willen, wiewol vorbehaltlich der Stadt‑Privilegien, geschenckt worden. Nach tödlichen Hintritt aber jetzt‑besagten Grafen ist diese Grafschaft Herrn Johann Weichard, Fürsten von Auersperg, brüderlich angeerbt. Und wie auch dieser die Welt gesegnet, hat Herr Franz Ferdinand, Fürst von Auersperg, als des Verblichenen ältester Herr Sohn dieselbe erblich bekommen, auch noch heut in Besitz.
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