Stadt / Orte

Das Gottscheer Land


Kirchen - Häuser


Gottscheer Land
aus dem Buch Gottschee 650 Jahre Gottscheer Volksgruppe

Die geographische Betrachtung des Gottscheerlandes erforderte eine Gesamtübersicht, eine allgemeine Betrachtung der Bodenbeschaffenheit, der Gebirgszüge, der typischen Karsterscheinungen, der Verkehrsprobleme, der sprachlichen Abgeschlossenheit und der kleinen Unterschiede sprachlicher Art innerhalb der Sprachinsel. Dem Herausstellen der einzelnen Talschaften kommt aber ebenfalls größere Bedeutung zu, wozu nun der kommende Abschnitt in Kurzform dienen möge. Selbstverständlich können nicht die einzelnen Ortschaften besonders hervorgehoben werden, dazu fehlt der Platz in diesem wichtigen Buche, hiezu müßten eine Reihe von Büchern verfaßt werden. Jede Ortschaft hatte ihre Besonderheit, ihre Eigenart und ihr besonderes Kulturleben. Allein von meiner Ortschaft Reintal schrieb ich das Buch „Shö is Prach" ‑ „Bräuche in Gottschee". Dort in der Pfarre Mösel konnte ich das Brauchtum im Laufe eines Jahres schildern, konnte berichten, wie ich in der einstigen Heimat erleben durfte. Der Bericht über die Talschaften ist eine allgemeine Betrachtung überhaupt.
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

DAS OBERLAND
Der Querrücken des Schweineberges ist schnell überwunden, und wir betreten Gottscheer Boden. Die ersten Gottscheer Dörfer, Ober‑, Nieder‑ und Neuloschin, befinden sich links von der Straße. Viele Mulden weisen auf Vertiefungen hin, aus denen im Frühjahr das Wasser quillt und weite Teile überschwemmt. Wellig hügelig ist dieser erste Gottscheer Boden. Nach diesen Orten öffnet sich das Tal zum wohl fruchtbarsten Teile Gottschees: Mitterdorf und seiner Umgebung. Nur leichte Bodenwellen sind zu sehen, herrliche Wiesen und Äcker dehnen sich vor dem Beschauer aus, es ist kaum zu glauben, daß es Karstland ist. Am Westrande dieser weiten Ebene befindet sich das Quellgebiet der Rinse bei Mooswald.

Mitterdorf als Zentrum der Gemeinde mit der schönen Pfarrkirche, mit Pfarrhof, Schule, Geschäftshäuse
rn und Gasthöfen, einen breiten Dorfplatz, mit den Bauerhöfen im Umkreis, ist ein stets einladender Ort. Wie ein Kranz umgeben den Hauptort die Ortschaften Koflern, Ort, Obrern, Kerndorf, Rain, Windischdorf und Gschwend. Die Bahn rückte das Oberland näher zur Stadt Gottschee, Verdienstmöglichkeiten der weichenden Söhne waren durch die Bahnverbindung erleichtert, Studenten war die Heimfahrt vom Gymnasium möglich.

Das Herzstück des Gottscheer Landes war stets die Stadt Gottschee, „inshr Schtatle" ‑ unser Städtchen liebevoll genannt. Es war das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum, für das große Agrarland der Umgebung leider viel zu klein, um die Produkte der gesamten Umgebung auch gewinnbringend verwerten zu können. Für viele Landsleute, vor allem für die Frauen war es bereits die Welt, war es ein besonderes Erlebnis, zu den großen Markttagen in die Stadt zu kommen, es war für sie ein besonderer Festtag.
Unsere Stadt erlebte Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs, Sorgen blieben aber auch ihr nicht erspart. Siebenmal wurde sie von den Türken geplündert und in Brand gesteckt und wieder aufgebaut, sie erhielt 1471 von Kaiser Friedrich III das Stadtrecht verliehen. Nun wurde die Rinse aufgestaut und umgeleitet, in einem breiten Wassergraben gab sie der neuentstandenen befestigten Stadt besseren Schutz.
Ab 1641 sind die Grafen Auersperg die Herren von Gottschee, sie ließen in der Stadt ein schönes Schloß errichten, förderten Wirtschaft und Handel, auch das Untertanenverhältnis brachten sie in erträgliche Zustände.
Eine Besonderheit gab es für die Stadt und das Land Gottschee 1874 mit der Errichtung eines Gymnasiums. Neben dem Gymnasium gab es in der Stadt eine Bürgerschule, eine Holzfachschule und selbstverständlich eine Volksschule. 1904 wurde die heutige Stadtpfarrkirche fertiggestellt. Sie war und blieb das würdige Wahrzeichen der Stadt und des Landes Gottschee. Sie zählt zu den wenigen Sehenswürdigkeiten der Stadt, die den Krieg überdauerten. Das Schloß selbst wurde 1943 bei Kriegshandlungen zerstört, ebenso ein großer Teil des einstigen Stadtkernes.Auch um die Stadt Gottschee gab es einen herrlichen Kranz von Dörfern, die engstens mit dem Städtchen verbunden waren: Schalkendorf, Seele, Klindorf, Mooswald, Zwischlern, Grafenfeld, Lienfeld, Hasenfeld und Schwarzenbach, obwohl die beiden letzten Ortschaften schon zur Gemeinde Mösel gehörten.

Die Gemeinde Mösel mit den Pfarren Mösel mit der Expositur Oberskrill umfaßte 22 Ortschaften und besaß eine dreiklassige Volksschule, Postamt, Gendarmerie und Pfarramt bildeten mit einer Reihe von Gasthäusern und Geschäften das Zentrum. Auf einer schönen Anhöhe gelegen, war Mösel weithin sichtbar. Die Pfarrkirche war in der Zeit der Türkennot eine Wehrkirche. Außerhalb des Ortes stand die Wallfahrtskirche Heiligenblut, von der Sage oft mit der Kirche in Heiligenblut in Kärnten in Verbindung gebracht.

Nach Obermösel kamen die Kinder auch aus Reintal, Niedermösel, Durnbach und Otterbach zur Schule. Aus Hasenfeld und Schwarzenbach gingen sie nach Lienfeld in die Schule. Weitere, allerdings einklassige Volksschulen gab es in Unterlag, Verdreng und Unterskrill. Nach Unterlag kamen die Kinder aus Thurn, Römergrund, Ramsriegel, Graflinden und Neugereuth an der Kulpa, nach Verdreng aus Unter‑ und Oberpockstein und Verderb, nach Unterskrill aus Fliegendorf, Oberskrill, Küchlern und Suchenreuther.

Die Gemeinde Mösel war kein ebenes Land, viele Gruben erschwerten die Arbeiten, dennoch galten die Bauern dieser Gemeinde als wohlhabend. Der Riegel und der Verdrenger Berg erhoben sich direkt im Gemeindegebiet. Auf dem Verdrenger Berg stand eine vielbesuchte Kirche; nach Oberskrill zogen viele Wallfahrer.

Mit dem Raum Unterlag führte ich den Besucher bereits in die Untere Seite. Der Hauptort des östlichen Teiles der Unteren Seite war wohl Nesseltal. Die Großgemeinde um Nesseltal umfaßte 22 Ortschaften, von denen heute wohl nur mehr ein ganz kleiner Teil auffindbar ist.

Wie Mösel war auch Nesseltal ein besonderes Zentrum: Eine dreiklassige Volksschule, Pfarrhof, Postamt, Gemeindeamt, Gendarmerieposten, Kauf‑ und Gasthäuser, dazu wieder ein herrlich gepflegtes Dorf um die Pfarrkirche. Kleinere Mittelpunkte mit einklassigen Volksschulen waren in dieser Gemeinde Lichtenbach mit einer für längere Zeit aufstrebenden Lodenerzeugung, Unterdeutschau als großer Wallfahrtsort, wohin auch die Wallfahrer aus den benachbarten slowenischen und kroatischen Gebieten kamen, Reichenau galt als besonderes Viehzentrum. Die vielen Ortschaften dieser Gemeide sind im Nachtrag von Oberlehrer Perz ersichtlich, wo alle Ortschaften Gottschees verzeichnet sind. Meinem letzten Buche „Das war Gottschee" ist auch eine Landkarte mit allen Orten Gottschees beigelegt.
Die Pfarre Seele mit Schalkendorf und Klindorf
war schon sehr eng mit dem Wirtschaftsleben der Stadt verbunden. Sie galt als Zuzugsland auch für viele Arbeiter, die in der Kohlengrube bei Schalkendorf Beschäftigung fanden und sich hier ein Häuschen errichteten, dennoch aber blieb das bäuerliche Dorf in seiner Ursprungsform gut erhalten. Alle drei Ortschaften sind auch heute erhalten und bewohnt, die Kirchen stehen.

DIE WALDEN
Der Raum Walden umfaßte die Pfarren Altlag, Warmberg und Ebental. Es sind da drei in sich geschlossene Siedlungsräume, durch größere Wälder voneinander getrennt. Hier griff der Siedlungsraum der Gottscheer am tiefsten in den Hornwald hinein, auch heute ist Altlag Ausgangspunkt für große Jagdführungen in den Hornwald. Eine Reihe von Jagdhäusern in Altlag weist auf die heutige Bedeutung dieses Raumes als Jagdgebiet der neuen Herren hin.

Altlag
war eine der größten Ortschaften des Gottscheer Landes mit 125 Hausnummern und ebenso ein lokales Zentrum mit einer größeren Schule, dem Pfarramt, Post, Geschäfts‑ und Gasthäusern. Ein Schmuckstück unter den Gottscheer Dörfern war Ebental. Eine schön angelegte Allee durchzog das Dorf, eine weite Ebene erstreckte sich um die beiden Dörfer Ebental und Setsch. Von den vielen Ortschaften um Warmberg und Langenthon sind kaum mehr Ruinen zu sehen, dasselbe Bild ergibt sich auch um das Zentrum.

Die Bewohner
der Walden hatten es vor allem in trockenen Jahren sehr schwer. Viehzucht, etwas weniger Ackerbau, aber dazu die Holzverwertung sicherten die Lebensgrundlagen in diesem Landesteil. Als tüchtige Unternehmer sind viele Auswanderer aus der Walden in der ganzen Welt bekannt. Sie waren in der alten Heimat die harte Arbeit gewohnt, so setzten sie sich auch überall durch.

Neben der Unteren Seite gehört die Walden
heute zu jenen Gottscheer Landesteilen, die den Krieg am wenigsten überdauern konnten, der Großteil der Ortschaften ist gänzlich verschwunden, nur vereinzelt, sind da und dort kleinere Ruinen auffindbar, gibt es Zeugen einstiger Kulturarbeit. Gern besucht waren die Wallfahrtkirchen in Maria Schnee bei Tiefenthal und St. Peter bei Oberwarmberg.

DIE MOSCHE ODER MOSCHNITZE
Die drei Hauptgebiete dieses Raumes zeigen jeweils e‑nen anderen Landschaftscharakter. Pöllandl war der tiefstgelegene Ort im Gottscheer Lande, an den Hängen bei Neuburg und Kleinriegl gedeiht ein guter Wein. Der Wildbach mit seinen dreizehn Mühlen und Sägen gab vielen Bewohnern zusätzliche Arbeit und damit gute Verdienstmöglichkeiten. Wirtschaftlich war dieser Teil schon gänzlich nach Rudolfswerth (Novo Mesto) ausgerichtet. Der slowenische Einfluß war daher schon früher gegeben, dennoch aber standen auch diese Landsleute stets treu zum Gottscheer Stamm. Die Pfarrkirche, eine Schule und ansehnliche Bürgerhäuser in Pöllandl weisen auch heute noch darauf hin, daß man hier einmal gut leben konnte.

Entlang des Wildbaches schlängelt sich durch das Engtal aufwärts die Straße nach Tschermoschnitz in den Mittelpunkt der Mosche. Die schöne Ortschaft mit der mächtigen Pfarrkirche, der Schule und den schönen Bürgerhäusern zeigt (auch heute) noch, daß sich hier ein tüchtiges Völklein wohlfühlen mußte. Auch da gab es einen Kranz von Ortschaften um den Hauptort, nur im Tal selbst ist noch ein Teil der Häuser bewohnt. Die Ortschaften beiderseits an den Hängen sind alle verschwunden. Tschermoschnitz war schon früh mit elektrischem Strom versorgt, auch die Wasserleitung war ein Segen des Ortes. Die nahen Wälder brachten den zahlreichen Fuhrleuten dieser Gegend einen bescheidenen Wohlstand. Es mußte das Holz zu den Sägewerken am Wildbach geführt werden.
Dazu gab es Fuhrleistungen nach Rudolfswerth zur Bahn.
Herrlich war stets ein Ausflug nach Stockendorf, hinauf auf die „Alm" „aff de Aube". Meistens waren die Ausflüge in Verbindung mit den Wallfahrten auf den 1048 m hoch gelegenen Friedensberg. In Prozessionen zogen die Wallfahrer hinauf zum heiligen Franziskus. Heute ist der Kirchturm zu einer Aussichtswarte umgebaut, die Kirche wurde abgetragen und durch ein Jagdhaus ersetzt.

Von der Gatschen
war die Sicht frei nach Südosten. Wie man auf dem Unterlager Berg ‑ der Schpahe ‑ die ersten Höhenfeuer für das Haupttal Gottschee aufflammen ließ, so warnten auch auf dieser Höhe die treuen Wächter die Bewohner der Mosche und darüber hinaus alle gegen Norden zu beim Herannahen der Türken.

DAS HINTERLAND
Hinter dem Friedrichsteiner Wald war das Hinterland mit den Pfarren Rieg, Göttenitz und Morobitz, wobei der Hauptort Rieg schon einem kleinen Städtchen glich. Durch die größere Entfernung von der Stadt Gottschee kam diesem Hauptort noch mehr Bedeutung als kulturelles und wirtschaftliches Zentrum dieser Talschaft zu. Der Bach bei Rieg ermöglichte die Errichtung von drei Sägewerken und Getreidemühlen. Nach dem Ersten Weltkrieg kamen noch zwei Dampfsägen hinzu. Für sich abgeschlossen war Göttenitz, der älteste Ort und wohl auch die älteste Pfarre des gesamten Hinterlandes.

Wie im Hornwald
und dem Friedrichsteiner Wald gab es auch im Göttenitzer Bergland großartige Wälder. Sie zählten zu den schönsten in Krain überhaupt. Die Fürsten Auersperg hatten im nahen Kaltenbrunn ein Jagdhaus und betrieben dort eine große Dampfsäge.

Auch der Raum um Morobitz
war für sich abgeschlossen. Schule und Pfarrkirche waren kleine Zentren. Immer wieder zog es die Gottscheer auf die herrlichen Höhen der Krempe, zur natürlichen Südwestgrenze des Gottscheer Landes. Gar weit schweifte unser Blick hinaus über die steilen Abhänge zur Kulpa.Was mag heute dieses so schöne Tal verbergen? Besuchern ist jeder Zutritt strengstens untersagt. Von den Höhen bei Stalzern streicht ein sehnsüchtiger Blick hinüber nach Rieg, hinein in das idyllische Tal.

Am nördlichen Eingang
ins Hinterland lag die Pfarre Masern mit Masereben. Nach der Eingemeindung zu Niederdorf, einer slowenischen Großgemeinde bei Reifnitz, blieb hier nur mehr eine schwache Eigenständigkeit durch die Schule und das Pfarramt erhalten. Die Lebensbedingungen in Masern waren recht günstig. Das Tal um die beiden Orte war fruchtbar. Zwei Bäche lieferten
stets das im Karst so kostbare Wasser. Zwei Sägewerke, Holzhandel und Fuhrwerksverkehr sicherten den Bewohnern von Masern ausreichende Arbeit und sicheres Einkommen.

DAS SUCHENER HOCHTAL
Hinter dem Göttenitzer Bergland befindet sich in einer Höhe von über siebenhundert Meter das Suchener Hochtal mit den Ortschaften Gehack, Merleinsrauth, Suchen, Mittergras und Obgrgras. Nur wenige benützten den zweistündigen Weg über den Göttenitzer Berg nach Göttenitz. Der bessere Zugang führte über das slowenische Sodraschitz. Schuläh gab es in Suchen oder Obergras, Holzverwertung und Viehzucht waren der Haupterwerb in diesem Landesteil.

Durch die Abgeschiedenheit
war die Mundart in diesem Tale mit einer Reihe von Eigenheiten versehen, auch mehr Lehnwörter aus dem Slowenischen wurden verwendet, und doch war auch dieser Teil ein herrliches Stück des Gottscheer Landes.

Tüchtige Gottscheer
gab es auch in dieser Gegend. Der Dichter Karl Morre, der Verfasser des Nullerls, die allseits geachteten Familien Knaus in Kärnten, aus deren Sippe der weltberühmte Frauenarzt Knaus stammte, kamen aus dem Suchener Land.