Wirtschaft

Handel und Hausindustrie


Landwirtschaft

  Handel und Hausindustriein den Aussagen der Gottscheer
von Richard Wolfram Wien 1980
Hausindustrie war nicht so viel, weil sehr viel Hausiererhandel war. Das hat schon Verdienstmöglichkeit geboten.
Die Männer haben das Geld gebracht!' Damit ist ausgesagt, daß die Landwirtschaft meist nur dem direkten eigenen
Lebensunterhalt diente.

„Mit Wiegen aus der Hausindustrie sind sie bis Karlowatz gegangen.„In Pöllandl war Hausindustrie, hölzerne Teller, Holzbesteck, zum Teil auch Körbchen. Haselstöcke haben sie nach Reifnitz geführt für die Siebmacher. Für eine Fuhre von Bündeln hat man gewöhnlich fünf Gulden bekommen. Man hat Schaufeln geliefert bis nach Deutschland und Italien schon vor 50 Jahren (Warmberg‑Komutzen. Eine Gegend, die verhältnismäßig arm war). Von Mösel haben sie auch nach Triest Peitschenstiele geliefert."

Seinerzeit ist man mit Saumpferden um Salz zum Meere und hat Holzwaren hingebracht (Aufzeichnung 1953, der Gewährsmann war damals 91 Jahre alt. Gehag bei Tschermoschnitz). In Hornbach haben die nebenher vom Holzkohlenbrennen gelebt."

„Es gab eine Lodenindustrie, auch in Heimarbeit. Hausierer haben damit bis Bosnien gehandelt. Die Besitzer waren ,Herrn`, führten ein gehobenes Leben, auch gesellschaftlich, sie gaben sich Namen wie Bismarck, Garibaldi usw. Einer fuhr im Zylinder nach Laibach und setzte durch, daß in dem kleinen Lichtenbach mit nur 22 Hausnummern eine eigene einklassige Volksschule errichtet wurde."

„Manche wurden durch den Fernhandel reich. Der Urgroßvater Jonke wanderte mit in Triest gekauften Orangen und Südfrüchten bis Polen. Jonkesch Haus war das größte im Dorf. Im Herbst, wenn geerntet war, zogen sie fort und kamen im Frühjahr wieder. Später ist noch das Maronibraten dazugekommen. Der Großvater Jonke, der 1974 starb, war Maronibrater vor dem Heinrichshof in Wien. Er konnte englisch, weil er in seiner Jugend in Amerika war."

„Beim Spiel mit ,gerad oder ungerad` oder ,drei, fünf, sieben` war es so: wenn man etwas kaufte, kostete es einen Schilling, spielte man, war der Einsatz 50 Groschen. Der Gottscheer aber gewann auf jeden Fall, denn das, was er als Einsatz kaufte, kostete beim Grossisten 38 Groschen. Sie waren gute Geschäftsleute. Wenn die zwei alten Jonkes heimkamen, zählten sie das Geld auf den Tisch und einer schlug mit der Handkante in der Mitte hinein und sagte, die eine Seite gehört dir, die andere mir. So haben sie geteilt."

„Ein großer Prozentsatz der Gottscheer ging hausieren. Die anderen haben als Nebenerwerb ein Handwerk gehabt und einige wenige haben einen so großen Besitz gehabt, daß sie davon leben konnten. Vor 1900 war das Holz nicht gefragt. Nur Brennholz. Es war keine Bahn früher, sie ist erst 1893 gebaut worden."

„Im Herbst wenn die Hauptarbeit vorüber war, Ende September, sind sie gegangen. Ende Oktober die letzten. Einige wenige sind zu Weihnachten nach Haus gekommen, die meisten aber nicht. Denn da war das größte Geschäft. Heimgekommen sind sie mit der Bauzeit (Anbauzeit), so um die Osterzeit. Ein jeder hat seinen bestimmten Rayon gehabt, auch in den Städten."

„Erdäpfelsetxen oder ‑graben mit der Haue war Weiberarbeit. Die Gottscheer Männer waren da oft noch nicht zu Hause. Der Handel hat an einem bestimmten Feiertag geendet. Es gab Korbhausierer (mit dem Bauchladen). Die Schnittwarenhausierer waren die besseren. Die sind bis 1914 gegangen. Der Vater ist 40 Jahre ins Lavanttal gegangen zu den Bergbauern. Die Leute haben gewußt, um die Zeit kommt der Hausierer, und haben das Jahr vorher schon bei ihm bestellt. Der Korbhausierer war mit gerad oder ungerad unterwegs. Die größten Geschäftsleute sind daraus hervorgegangen. Südfrüchte haben sie mit Wagen mit einer flachen Plane bis Polen und Moskau geführt. Sie haben zum Teil große Geschäfte daraus gemacht. Der Verderber hat in Retz Wein aufgekauft und ihn nach Norden geführt. Er hat ihn ungewässert verkauft. Das haben die Leute gemerkt und haben gern bei ihm gekauft. Die Knechte anderer Weinhändler haben den Wein nämlich verfälscht. Der Verderber hat im Norden für den Weinerlös Leinwand gekauft und unten verkauft. Er wurde sehr reich und machte eine große Stiftung. Das Verderberhaus ist in Retz. Sieben Kilometer lange Keller hat er gehabt. Der Lenz Moser hat jetzt das Geschäft vom Verderber. Der Stampfl hat auch eine große Stiftung für die Studenten (aus der Sprachinsel) gemacht. Es gab auch die Martinsche Schulstiftung. Das Ebnerbild hat ein Hausierer einer Frau abgekauft und heimgebracht. Es ist da eine Sage vom Niederknien der Türkenpferde. Auf diese Stelle ist dann das Bild gekommen."

„Es war ein trauriger Tag, wenn der Vater zum Handeln fortgegangen ist. Im März ist er wiedergekommen, zu Weihnachten kam er auch, weil er mit Speck und Schweinen gehandelt hat. Er hat nach St. Leonhard im Lavanttal geliefert in diesem Fall. 40 Jahre ist er hausieren gegangen. Mit Schnittware hat er die Leute versorgt. Ein schwerer Binkl, in blauem Tuch eingepackt. Nicht selten ist er im Schnee steckengeblieben. Er ist im Lavanttal empfangen worden wie ein Familienangehöriger und hat den Stoff verkauft. Im Sommer ist ein Agent gekommen in die Stadt (Gottschee) zu Baiersch, ein gewisser Studetzky. In einem anderen Ort war auch einer, der hieß Lemberger. Der Vater ist hinunter in die Stadt und da hat er die Muster bestellt. Der Agent hat in Linz, wo die Firma war, alles zusammengestellt in Kisten und hat das jedem zugeschickt. Man hat a bißl a Geld hambracht und zu Haus (damit) renoviert. Es war ein Holzhaus, Rauchkuchl und gestampfter Lehmboden. Er hat das ganze renoviert" (Klindorf).